Rückblick

50 Jahre Montessori-Kinderhaus St. Hubertus

Rede anlässlich des Festes am 05. September 2021

Grundsteinlegung des Kinderhauses

Zunächst möchte ich alle, die sich hier heute eingefunden haben, recht herzlich begrüßen. Ich freue mich, dass wir trotz des kleinen Virus, der uns jetzt schon so lange in Atem hält, das tun, was uns hier immer besonders viel Spaß macht, nämlich ein Fest zu feiern: das 50 jährige Bestehen des Montessori-Kinderhauses St. Hubertus.

Für alle, die mich nicht kennen: mein Name ist Barbara Lohberg-Fieseler und ich bin die 1. Vorsitzende des Montessori-Vereins und Mitglied des Gemeinderates St. Hubertus und des GdG-Rates der Pfarrei St. Christophorus.

Damit kommt die starke Verbundenheit zwischen dem Montessori-Verein, dem Kinderhaus St. Hubertus und der Gemeinde bzw. Pfarrei zum Ausdruck, die von Beginn an bis zum heutigen Tage besteht, zum Ausdruck.

Als ich gefragt wurde, ob ich zu diesem Anlass ein paar Worte sagen möchte, da war schnell klar, dass ich keine Daten aufzählen wollte, weil diese so wenig das widerspiegeln, was hinter diesen über 5 Jahrzehnten steckt. Außerdem können viele, der hier Anwesenden das aus eigener Erfahrung viel besser als ich…

Ich möchte viel mehr etwas von dem Geist heraufbeschwören, der die Menschen vor über 50 Jahren bewogen hat, sich für etwas einzusetzen, dass ihnen wichtig war.

Also habe ich ein wenig in den alten Unterlagen gestöbert und natürlich auch Zeitzeugen befragt, allen voran Frau Möller, die langjährige Leiterin des Kinderhauses, und ich stieß auf folgenden Satz: Am 15. April 1966 gründete eine Handvoll Männer und Frauen in der Regionalstelle am Dionysiusplatz den „Montessori-Verein Krefeld“. Das erklärte Ziel des Vereins war die Errichtung eines Montessori-Zentrums mit Kinderhaus (1971), Grundschule (1973) und Gesamtschule (1977).“

So weit, so gut! Aber eigentlich ungeheuerlich, was sich hinter diesen 2 Sätzen verbirgt!! Es ist ein Beispiel gelebter gesellschaftlicher Veränderung der 1960iger Jahre: in dieser Zeit verlangten die Menschen nach Reformen, sie wollten mitbestimmen, Altes wurde auf den Prüfstein gestellt, es war eine Zeit des Protestes und eine Zeit, in der Vieles möglich schien. Eine Zeit, in der die Menschen sich den staatlichen Anordnungen (in diesem Fall dem Ende der öffentlichen konfessionellen Volksschule) entgegenstellten und nach eigenen Lösungen suchten.

Es war keine staatliche Institution, die sich entschloss einen Kindergarten zu errichten, es waren engagierte Persönlichkeiten am Werk, die nicht nur ein gutes Gespür für sich abzeichnende gesellschaftliche Veränderungen hatten, sondern die entschlossen waren, den Wandel nicht passiv hinzunehmen, sondern diesen zu gestalten, d.h. ihre eigenen Ideen zu formulieren und zu verwirklichen: es waren Visionäre im besten Sinne. So wollte man zu der in Krefeld stark vertretenen Waldorfpädagogik nach Rudolph Steiner ein Gegengewicht im katholischen Raum schaffen. In der Montessori-Pädagogik fand man ein pädagogisches Konzept, dass perfekt zum Aufbau eines Schulzentrums in kirchlicher Trägerschaft passte.

Heute stehen wir in einer über 50-jährigen Montessori-Tradition, die ihren Anfang mit der Eröffnung des Montessori-Kinderhauses St. Hubertus im August 1971 nahm.

Aber was heißt das für uns? Was heißt das für die Zukunft?

Jean Jaures, ein französischer Politiker, hat einmal gesagt, dass Tradition nicht das Bewahren der Asche ist, sondern die Weitergabe des Feuers.

Und das, so glaube ich, ist der entscheidende Gedanke: lassen wir uns immer wieder entzünden, mitreißen, begeistern von der Idee Maria-Montessoris. Denn sie hat so viel mehr zu bieten, als den Satz „hilf mir, es selbst zu tun“. Ihre Pädagogik bietet die Chance, den Blick auf unsere Kinder zu verändern und ihnen die Möglichkeiten zu bieten, die großen gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, Krisen und Umbrüche, die vor uns liegen und die bis in die Familie hineinwirken, zu bestehen.

Also lassen Sie uns jeden Tag die Idee Maria-Montessoris mit Leben füllen, initiativ, weitsichtig, jeder nach seinen Begabungen, damit unsere Kinder gewappnet sind für eine Zukunft, die wir nicht mehr denken können.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Barbara Lohberg-Fieseler